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Tag der Religionen: Das Göttliche - Meine ewige Mutter und mein ewiger Vater

In Deutschland aufgewachsene Sikhs rezitierten spirituelle Weisheiten und stellten Sikhi beim Tag der Religionen in Frankfurt vor. Mamta Kaur moderiete den Auftritt und gab Einblicke in die Sikh-Religion. Foto: SikhiCouncil

Begrüßungsrede zum Tag der Religionen in Frankfurt

Liebe Besucherinnen und Besucher, liebe Mitglieder des Rates der Religion in Frankfurt! Herzlich Willkommen zum Tag der Religionen! Schön, dass Sie gekommen sind. Heute sind wir zusammengekommen, um zu zeigen, das wir, die Religionsgemeinschaften in Frankfurt, auch die Jugend, zusammenstehen: Für Solidarität, Frieden, Einheit sowie dem Schutz der Natur.

Wir freuen uns, ihnen heute unsere Lebensweise, die Sikhi, näher zu bringen. Und zwar zunächst auf der Gefühlsebene. Wir werden mit einer traditionelle Form des Gesangs aus der Sikhi, der Sikh-Religion, beginnen. Es ist eine bedeutende Tradition, bei der zumeist in Begleitung von Instrumenten, heute Harmonium und Tabla, Texte aus den Weisheiten der Sikhi rezitiert werden. Wir nennen die schriftlich überlieferten Weisheiten Gurbani. Sie wurden über 30 Erleuchteten zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert offenbart. Die Rezitationen ermöglichen uns, Weisheiten intuitiv zu verinnerlichen - und unsere Verbindung zum Göttlichen aufrecht zu erhalten. Und Tugenden wie Kreativität, Mut, Hingabe, Mitgefühl und Gemeinwohl zu stärken. So können wir inspiriert unseren Alltag meistern. 

Lasst uns zunächst die Bedeutung der anstehenden zwei Rezitationen vorstellen, damit alle einen Eindruck davon bekommen, was die Weisheiten im Kern vermitteln. 

Eine unendliche kreative Schöpfungsquelle

Zunächst singen wir den Eröffnungsvers des Guru Grant Sahibs, das zentrale Werk der Sikhi, welches die schriftlich überlieferten Weisheiten in der Originalschrift enthält. Gurpreet Singh wird sie vortragen:

ੴ ਸਤਿ ਨਾਮੁ ਕਰਤਾ ਪੁਰਖੁ ਨਿਰਭਉ ਨਿਰਵੈਰੁ ਅਕਾਲ ਮੂਰਤਿ ਅਜੂਨੀ ਸੈਭੰ ਗੁਰ ਪ੍ਰਸਾਦਿ ॥
Guru Granth Sahib, 1, M.1

Eine unendliche Einheit

Essenz der Wahrheit

Schöpfer Wesen

Ohne Angst

Ohne Feindschaft 

Von zeitloser Gestalt

Jenseits des Geburtenkreislaufs

In sich gebrochen (sind wir, da wir uns von unserer eigentlichen spirituellen Familie und Heimat entfremdet haben)

Durch die Gnade spiritueller Weisheit (können wir heilen und wieder heimkehren).

Meine ewige Mutter und mein ewiger Vater

Nun folgt die Rezitation Har Ji Mata Har Ji Pita. Sie wind vorgetragen unter anderem von Gurtej Kaur in Begleitung von Surkhabjit Singh.

ਹਰਿ ਜੀ ਮਾਤਾ ਹਰਿ ਜੀ ਪਿਤਾ ਹਰਿ ਜੀਉ ਪ੍ਰਤਿਪਾਲਕ ॥ ਹਰਿ ਜੀ ਮੇਰੀ ਸਾਰ ਕਰੇ ਹਮ ਹਰਿ ਕੇ ਬਾਲਕ ॥ ਸਹਜੇ ਸਹਜਿ ਖਿਲਾਇਦਾ ਨਹੀ ਕਰਦਾ ਆਲਕ ॥ ਅਉਗਣੁ ਕੋ ਨ ਚਿਤਾਰਦਾ ਗਲ ਸੇਤੀ ਲਾਇਕ ॥ ਮੁਹਿ ਮੰਗਾਂ ਸੋਈ ਦੇਵਦਾ ਹਰਿ ਪਿਤਾ ਸੁਖਦਾਇਕ ॥ ਗਿਆਨੁ ਰਾਸਿ ਨਾਮੁ ਧਨੁ ਸਉਪਿਓਨੁ ਇਸੁ ਸਉਦੇ ਲਾਇਕ ॥ ਸਾਝੀ ਗੁਰ ਨਾਲਿ ਬਹਾਲਿਆ ਸਰਬ ਸੁਖ ਪਾਇਕ ॥ ਮੈ ਨਾਲਹੁ ਕਦੇ ਨ ਵਿਛੁੜੈ ਹਰਿ ਪਿਤਾ ਸਭਨਾ ਗਲਾ ਲਾਇਕ ॥੨੧॥
Guru Granth Sahib, 1101, M.5

Diese Verse sprechen über die tiefe und bedingungslose Liebe des Göttlichen zu uns, seinen Geschöpfen. Und wie es ist, wenn wir uns von dieser Urquelle der Liebe und des Lebens, unserer seelischen Mutter und unserem seelischen Vater, entfernen. Genau wie Eltern ihrem Kind Anleitung geben, wenn es zum ersten Mal woanders übernachtet, gibt uns das Göttliche durch spirituelle Weisheiten Orientierung, wie wir die Reise hier in der Diaspora des materiellen Lebens meistern können. Wir bekommen alles bereitgestellt für diese lange Reise, bei der wir als Gäste die verschiedensten Lebensformen durchlaufen: Als Pflanzen, Tiere und Menschen. Bedingungslos erhalten wir saubere Luft, Wasser, Früchte und Materialien, um gesunde Nahrung und Unterkünfte herzustellen. In dieser Welt kümmern sich idealerweise Vater und Mutter mit bedingungsloser Liebe um ihre Kinder. Beide Elternteile bringen eigene Fähigkeiten und Erfahrungen mit, die sich ergänzen. Das Göttliche, Har Ji, das männliche und weibliche Kräfte vereint, stellt für uns nicht nur alles Lebensnotwendige bereit. Es kümmert sich auch auf der seelischen Ebene. Wir erhalten spirituelle Weisheiten als seelische Nahrung. Diese helfen uns in unserem Herzen wohlgenährt die herausfordernde Reise von dieser Diaspora zurück in unsere eigentliche seelische Heimat zu meistern. Wir nennen diese Nahrung Nam, Gian oder Langar. Letztlich liegt es an uns, wie wir all das nutzen, was uns als Kinder der Schöpfung zur Verfügung gestellt wird. Wir sind alle Kinder! Auch die Erwachsenen. Wir sind alle hier, um als Gäste zu lernen, wie wir heilen und wieder vollständig eins werden können. Deshalb nennen wir uns auch Schüler, Sikhs. Wenn es uns gelingt, uns vollständig zu heilen, werden wir wieder eins. Unser seelischer Tropfen geht auf in den Urozean des Lebens, dem ewigen Licht, dem wundervollen Erleuchter, der einzige wahre Guru. Lasst uns also als EINE Familie dieses Leben meistern. Mit Liebe. Mit Zusammenhalt. Mit Respekt für die Natur. Auch hier an Ort, wo wir aktuell leben.

Lasst uns jetzt gemeinsam die Schönheit und Tiefe der Weisheiten erleben und unsere Herzen öffnen, während wir uns in den Klängen und Worten der Weisheiten verlieren. 

Vielen Dank und eine inspirierende Zeit allen!

Wir schließen mit dem traditionellen Gruß:

Wahe Guru Ji Ka Khalsa, Wahe Guru Ji Ki Fateh!

Die Reinen entstammen dem wundervollen Erleuchter. Sein Wille geschieht.

Elternsein und wie wir unsere Beziehung mit unseren Kindern gestalten

Ein ausführliche weisheitsorientierte Erläuterung der Verse Har Ji Mata Har Ji Pita in Gurmukhi und Englisch findet ihr hier https://www.youtube.com/watch?v=F6k4IPQrMb0.