Gibt es Bilder der Erleuchteten bzw. Weisen der Sikhi?

Göttlichkeit, jenseits aller Bilder. Foto: Unsplash

Folgt der Botschaft und nicht dem Botschafter

Es existieren keine erhaltenen Abbildungen aus der jeweiligen Lebenszeit der Weisen. Alle verfügbaren Darstellungen wurden erst Jahrhunderte später von Künstlern geschaffen. Sie geben entsprechend nur bedingt das tatsächliche Erscheinungsbild der Weisen wieder. Die heutzutage bekanntesten Bilder zeigen die Weisen oft als dem Leben abgewandte Gurus, die gen Himmel blicken. Tatsächlich standen sie mitten im Leben. Sie waren Farmer, Hirten, Züchter, Jäger, gründeten Dörfer, erbauten Verteidigungsanlagen wie Kesgarh Sahib in Anandpur Sahib und kämpften in zahlreichen Verteidigungsschlachten.

Wenn man sich aufmerksam Bilder anschaut, erkennt man in den bekannten Werken von Sobha Singh die Gesichtszüge des Künstlers selbst. Solche Bilder sagen also mehr über den Künstler als über das Aussehen der Weisen aus.

Die Weisen selbst betonen, dass es in der Spiritualität immer um die Weisheit und die damit verbundene Botschaft geht und nicht um die Botschafter und schon gar nicht um ihre Körper. Weder sind die Botschafter zu verehren noch möge man sich mit ihrem weltlichen Leben befassen. Vielmehr erinnern die Weisen daran, mit Hilfe spiritueller Weisheit im Einklang mit der Quelle der Botschaft zu leben.

ਗੁਰਿ ਕਹਿਆ ਸਾ ਕਾਰ ਕਮਾਵਹੁ ॥ ਗੁਰ ਕੀ ਕਰਣੀ ਕਾਹੇ ਧਾਵਹੁ ॥ GGS, 929, M.1

Daher bezeichnen sie sich selbst auch nicht als Weise oder Erleuchtete, sondern stets als bescheidende Diener göttlicher Weisheit (Dasan Das).

ਹਰਿ ਦਾਸਨ ਦਾਸ ਦਾਸ ਹਮ ਕਰੀਅਹੁ ਜਨ ਨਾਨਕ ਦਾਸ ਦਾਸੰਨਾ ॥੪॥੧॥ GGS, 799, M.4

Nur die Göttlichkeit selbst wird als einzig wahrer Guru angesehen. Das Göttliche selbst nimmt niemals eine Inkarnation an (Ajuni).

ੴ ਸਤਿ ਨਾਮੁ ਕਰਤਾ ਪੁਰਖੁ ਨਿਰਭਉ ਨਿਰਵੈਰੁ ਅਕਾਲ ਮੂਰਤਿ ਅਜੂਨੀ ਸੈਭੰ ਗੁਰ ਪ੍ਰਸਾਦਿ ॥ GGS, 1, M.1

Der zehnte Weise Gur Gobind Singh betont dies ebenso.

ਸਦਾ ਏਕ ਜੋਤ੍ਯੰ ਅਜੂਨੀ ਸਰੂਪੰ ॥ DG, 39

Das Göttliche wird of auch mit dem „Wort“ (Bani) in Verbindung gebracht. Dies ist eine Metapher für die unermessliche Weisheit des Göttlichen, die wir in unserem Herzen entdecken können, wenn wir still werden und uns nicht mehr vom weltlichen Treiben ablenken lassen.

Das Wort ist der Guru und der Guru das Wort. Das Wort enthält den unsterblich machenden Nektar.

ਬਾਣੀ ਗੁਰੂ ਗੁਰੂ ਹੈ ਬਾਣੀ ਵਿਚਿ ਬਾਣੀ ਅੰਮ੍ਰਿਤੁ ਸਾਰੇ ॥ ਗੁਰੁ ਬਾਣੀ ਕਹੈ ਸੇਵਕੁ ਜਨੁ ਮਾਨੈ ਪਰਤਖਿ ਗੁਰੂ ਨਿਸਤਾਰੇ ॥੫॥ GGS, 982, M.4

Sikhs, die bewusst leben, meiden die Herstellung oder gar die Anbetung von Bildern der Weisen. Gerade dort, wo die Verehrung von Götterstatuen und vermeintlichen Heiligen bzw. selbsternannten Gurus verbreitet ist, gehen Sikhs besonders bewusst und reflektiert mit Bildern um.

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