Wahre Freunde sind jene, die uns helfen, auf dem Weg der Tugend zu wandern.
ਜਿਨ੍ਹਾ ਦਿਸੰਦੜਿਆ ਦੁਰਮਤਿ ਵੰਞੈ ਮਿਤ੍ਰ ਅਸਾਡੜੇ ਸੇਈ ॥
Guru Granth Sahib, 520, M.5

Sikhi für Kinder und Jugendliche: Wenn der heiligste Ort der ist, wo das Gute zu finden ist

Du bist ein Kind von Sikhs oder kennst Kinder und Jugendliche, die Sikhs sind? Und du fragst dich, was eigentlich hinter der Lebensweise der Sikhs steckt? Und warum Sikhs ihre Haare nicht schneiden, sie zu einem Dutt wickeln und bedecken? Wenn du das herausfinden willst, dann ist es an der Zeit, erste Antworten zu bekommen.
Los gehts! Viel Spaß beim Lesen und Beantworten der Fragen!

Hinweise für Lehrerinnen und Lehrer: Der folgende Text ist ab der 5. Klasse geeignet. Am Ende einzelner Textabschnitte werden Fragen gestellt. Diese können einzeln in Stillarbeit, als Hausaufgabe oder in Gruppen bearbeitet werden. Wenn nur wenig Unterrichtszeit zur Verfügung steht, können ausgewählte Textabschnitte bearbeitet werden. Wenn die Fragen gemeinsam bearbeitet werden, können je nach Klassengröße 4-6 Gruppen gebildet werden. Antworten zu den Fragen werden gut lesbar in großer Schrift auf eine Karte oder digital aufgeschrieben. Die einzelnen Antworten werden nacheinander von einem Gruppenmitglied vorgestellt. Wenn möglich, wird für die Präsentation eine Magnet- oder Pinnwand genutzt. Wenn digital gearbeitet wird, werden die Antworten auf dem Bildschirm präsentiert. Am Ende der Stunde kann eine Diskussion anhand der Antworten stattfinden. Ziel der Befassung mit dem Thema Sikhi wäre, ausgehend davon die Reflexions- und Dialogfähigkeit zu stärken, respektvoll mit Vielfalt und wahrgenommener Andersartigkeit umzugehen, neue Sichtweisen kennen zu lernen und für ein gelingendes Miteinander sowie für den Umwelt- und Klimaschutz nutzbar zu machen.

A) Weisheiten, um gut durch das Leben zu kommen

Sikhs werden die Menschen genannt, die die Lebensweise der Sikh-Religion angenommen haben. Die Religion wird in der Sprache der Sikhs Sikhi genannt. Sikh bedeutet Schüler zeitloser Weisheiten. Die Weisheiten werden auch Gurmat genannt. Da kommt gleich die Frage auf: Um welche Weisheiten geht es hier? Um den Stein der Weisen jedenfalls nicht. Bei den Weisheiten handelt sich um Botschaften, die helfen, sich selbst besser zu verstehen, ein natürliches, erfülltes und zufriedenes Leben zu führen sowie verantwortungsvoll mit sich selbst, anderen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, der Natur und der Tierwelt umzugehen. Sie geben Hinweise darauf, warum die Menschen geboren wurden und wie sie einen tieferen Sinn im Leben finden können.

Die Botschaften der Sikhi sprechen alle Themen an, die im Leben wichtig sind. Sie spornen an, bewusst zu leben und ehrlich, mutig, kreativ, geduldig, hilfsbereit, liebevoll und verzeihend zu sein. Sie ermutigen dazu, sich nicht mit anderen zu vergleichen, niemanden zu fürchten oder zu hassen. Sie sagen gleichwohl, dass es wichtig ist, sich gegen Unrecht einzusetzen, niemals aufzugeben und das zu tun, was die Menschen zusammenbringt und Frieden schafft. Die Weisheiten erinnern daran, die Natur, die Mitmenschen, Tiere aber auch den Körper achtsam zu behandeln, sich gesund zu ernähren und nicht zu viel zu essen. Daher meiden Sikhs all das, was für ihren Charakter und Körper sowie die Natur langfristig schädlich ist. Dazu gehört Rauchen, die Einnahme von Stoffen wie Drogen, die abhängig machen oder schlechte Langzeitfolgen haben. Tattoos, Ohrringe, Piercings, Beschneidungen oder andere riskante Eingriffe in den Körper, die nicht aus wichtigen Gründen notwendig sind, werden gemieden.

Letztlich betonen die Weisheiten, dass alle Menschen die gleiche Würde besitzen und Teil einer Familie sind. Diejenigen, die diese Weisheiten als wichtig erachten und versuchen im Einklang mit ihnen zu leben, werden Sikhs genannt. Sie führen ein natürliches und bescheidenes Leben und haben ein nobles Erscheinungsbild. Frauen bedecken zumeist ihr ungeschnittenes Haar mit einem Kopftuch und Männer mit einem sorgsam gewickelten Turban. Sie häufen keinen unnötigen Besitz an und folgen nicht allen Gedanken und Wünschen, die in ihnen auftauchen. Denn sie wissen, dass man nur auf Kosten anderer Menschen, den Tieren, der Umwelt und dem Klima alle aufkommenden Begierden ausleben kann.

Wenn viele Weise einer Meinung sind

Die überlieferten Weisheiten der Sikhi wurden von weisen Menschen vor etwa 500 Jahren in Nord-Indien aufgeschrieben. Weise bedeutet, dass man nicht nur viel über das Leben weiß und gut reden kann, sondern ein vorbildliches Leben im Alltag führt. Die Einsichten von über 30 Weisen wurden in einem Werk aufgeschrieben, das 1604 zusammengestellt wurde. Die Schriften werden Gurbani genannt. Das gesamte Werk mit 1430 Seiten ist heute als Guru Granth Sahib (GGS) bekannt. Das Wort Guru bedeutet Erleuchter und deutet an, dass die Schriften einer göttlichen Inspiration entstammen. Sikhs sprechen von der einen wundervollen und namenlosen Quelle (Anam) des Lichtes (Wahe Guru), aus der alles Leben hervorgeht. Die Weisen betonen, dass das Göttliche keinen Eigennamen hat, da es weder eine Person noch ein Objekt ist. Um die Unbeschreiblichkeit des Göttlichen zu betonen, verwenden sie daher viele verschiedene Wörter, darunter Allah, Gobind, Hari, Kartar, Khudah, Par Brahm, Parmesar, Ram, Sach Khand und Sukh Sagar. Das Wort Gur wird zumeist für Weisheit und besonders weise Menschen verwendet, durch die zeitlose Weisheiten zu den Menschen gelangen. Es werden neben Gur auch andere Wörter in der Gurbani verwendet, darunter Bhagat.

Die gesammelten Weisheiten können als Chor beschrieben werden. Obwohl die Weisen aus ganz unterschiedlichsten kulturellen, sozialen, beruflichen und religiösen Hintergründen abstammen, bilden ihre Stimmen eine harmonische göttliche Melodie. Aufgeschrieben wurden die Weisheiten in einer Schriftsprache, die eigens dafür erfunden wurde. Sie wird Gurmukhi genannt. Es ist eine dichterische und bildliche Sprache, die nicht leicht zu verstehen ist. Man muss die Sprache der Weisheiten wie ein Puzzle zusammensetzen, um die tiefere Bedeutung zu verstehen.

Zu sehen ist eine Seite des Guru Granth Sahib (GGS) in der heutigen Standardversion. Zu lesen ist unter anderem: “Wo Weisheit weilt, lebt die Religion”. Foto: Khushwant Singh

Der Guru Granth Sahib ist für Sikhs ein unermesslich wertvoller Schatz. Auf der ganzen Welt gibt es etwa 25 Millionen Sikhs, die die Schriften mit den Weisheiten von Herzen lieben. Und zwar so sehr, dass sie sich davor verbeugen. Damit wird ausgedrückt, dass man demütig die Tiefe der Weisheiten anerkennt und bereit ist, sie zum Leben zu erwecken. Von Kindheit an lernen Sikhs die Weisheiten auswendig und singen sie auch in Begleitung von Instrumenten, zumeist altindischen Seiteninstrumenten (Tanti Saj) oder einem Harmonium und einer indischen Trommel, die Tabla. Nach und nach versuchen Sikhs die Bedeutung der Weisheiten zu verstehen und sich im Alltag von ihnen leiten zu lassen.

Verse aus den Schriften der Weisen

Der Eröffnungsvers des Guru Granth Sahib wird viele Male in den Schriften wiederholt, damit das zugrunde einheitsstiftende Verständnis des Lebens immer im Blick behalten wird.

ੴ ਸਤਿ ਨਾਮੁ ਕਰਤਾ ਪੁਰਖੁ ਨਿਰਭਉ ਨਿਰਵੈਰੁ ਅਕਾਲ ਮੂਰਤਿ ਅਜੂਨੀ ਸੈਭੰ ਗੁਰ ਪ੍ਰਸਾਦਿ ॥ Guru Granth Sahib, 1, M.1

Eine unendliche Schöpfungsquelle
Essenz der Wahrheit
Schöpfer Wesen
Ohne Angst
Ohne Feindschaft
Von zeitloser Gestalt
Jenseits des Geburtenkreislaufs
In sich gebrochen (sind wir, da wir uns von unserer seelischen Schöpfungsquelle, unserer eigentlichen Familie und Heimat entfremdet haben)
Durch die Gnade spiritueller Weisheit (können wir heilen und wieder heimkehren).

Der Vers beschreibt die unermesslichen göttlichen Tugenden und erinnert daran, sich dieser bewusst zu werden und selbst wahrhaft, kreativ, furchtlos und ohne Hass zu leben. Die letzten Worte weisen darauf hin, dass die Menschen mit Hilfe von ihnen innewohnender Weisheit die Entfremdung von ihrer seelischen Familie und Heimat überwinden können.

Der folgende Vers drückt Bewunderung und die liebevolle Beziehung zum Göttlichen aus. Hier wird das Göttliche als wahrhafter Freund beschrieben.

ੴ ਸਤਿਗੁਰ ਪ੍ਰਸਾਦਿ ॥
ਸਾਜਨੜਾ ਮੇਰਾ ਸਾਜਨੜਾ ਨਿਕਟਿ ਖਲੋਇਅੜਾ ਮੇਰਾ ਸਾਜਨੜਾ ॥ ਜਾਨੀਅੜਾ ਹਰਿ ਜਾਨੀਅੜਾ ਨੈਣ ਅਲੋਇਅੜਾ ਹਰਿ ਜਾਨੀਅੜਾ ॥ ਨੈਣ ਅਲੋਇਆ ਘਟਿ ਘਟਿ ਸੋਇਆ ਅਤਿ ਅੰਮ੍ਰਿਤ ਪ੍ਰਿਅ ਗੂੜਾ ॥ ਨਾਲਿ ਹੋਵੰਦਾ ਲਹਿ ਨ ਸਕੰਦਾ ਸੁਆਉ ਨ ਜਾਣੈ ਮੂੜਾ ॥ ਮਾਇਆ ਮਦਿ ਮਾਤਾ ਹੋਛੀ ਬਾਤਾ ਮਿਲਣੁ ਨ ਜਾਈ ਭਰਮ ਧੜਾ ॥ ਕਹੁ ਨਾਨਕ ਗੁਰ ਬਿਨੁ ਨਾਹੀ ਸੂਝੈ ਹਰਿ ਸਾਜਨੁ ਸਭ ਕੈ ਨਿਕਟਿ ਖੜਾ ॥੧॥ Guru Granth Sahib, 924, M.5

Eine Unendliche Einheit. Erfahrbar durch die Gnade seelischer Weisheit.
Geliebter, mein geliebter, du bist mir immer ganz nah, mein Geliebter. Du, der wertvoller bist als das vergängliche Leben, ja wertvoller als das vergängliche Leben, mit meinen inneren Augen habe ich dich erkannt, du der wertvoller bist als das vergängliche Leben. Mit meinen inneren Augen habe ich dich erfahren, du der in allem weilst mit deiner unergründlich und unsterblich machenden Süße. Du, der immerfort bei uns bist und doch nicht gefunden werden kann. Doch die, die berauscht sind von der vergänglichen Welt, können die Täuschung der Dualität nicht überwinden und geben sich alltäglichem Tratsch hin. Nanak, ohne seelische Weisheit ist kein Erkennen des nahstehenden Geliebten möglich.

Sikhs lesen regelmäßig die Schriften der Weisen. Sie singen diese auch in Begleitung von Instrumenten, wie im Bild in einer deutschen Sikh-Gemeinde zu sehen. Dies ermöglicht, mit den Weisheiten in Verbindung zu bleiben. Beim Singen und Zuhören wird ein Gefühl des Friedens und der tiefen Verbundenheit mit dem Göttlichen erzeugt. Zudem hilft es, die Texte, die sich oft reimen, von Kindheit an auswendig zu lernen. Später erleichtert es, die schwierigen Texte, die in der Schriftsprache Gurmukhi geschrieben sind, zu verstehen und zum Leben zu erwecken. Diese Form der Verinnerlichung von Weisheit wird auch Seelennahrung genannt, Langar. Dahinter steckt der Gedanke, dass die vorgetragenen Weisheiten aufmerksam aufgenommen und ein Teil des Lebens werden.
ਗੁਰ ਕਾ ਸਬਦੁ ਵੀਚਾਰਿ ਜੋਗੀ ॥ ਦੁਖੁ ਸੁਖੁ ਸਮ ਕਰਣਾ ਸੋਗ ਬਿਓਗੀ ॥ ਭੁਗਤਿ ਨਾਮੁ ਗੁਰ ਸਬਦਿ ਬੀਚਾਰੀ ॥ ਅਸਥਿਰੁ ਕੰਧੁ ਜਪੈ ਨਿਰੰਕਾਰੀ ॥੩॥ GGS, 879, M.1
ਲੰਗਰੁ ਚਲੈ ਗੁਰ ਸਬਦਿ ਹਰਿ ਤੋਟਿ ਨ ਆਵੀ ਖਟੀਐ ॥ ਖਰਚੇ ਦਿਤਿ ਖਸੰਮ ਦੀ ਆਪ ਖਹਦੀ ਖੈਰਿ ਦਬਟੀਐ ॥ GGS, 966, Bhatt Balvand und Satta.
ਖਾਣਾ ਸਬਦੁ ਚੰਗਿਆਈਆ ਜਿਤੁ ਖਾਧੈ ਸਦਾ ਤ੍ਰਿਪਤਿ ਹੋਇ ॥ GGS, 1092, M.3
Foto: Ferhat Bouda

A) AUFGABEN

  1. Wann und in welcher Region ist die Sikh-Religion entstanden und wie wird sie von Sikhs genannt?

  2. Wie viele Sikhs gibt es weltweit?

  3. Wie heißt die zentrale Schrift für Sikhs und in welcher Schriftsprache wurde sie verfasst? Erkläre, warum von Schriftsprache die Rede ist.

  4. Warum verbeugen sich Sikhs vor dem Guru Granth Sahib?

  5. Was tun Sikhs und was meiden sie?

  6. Wie wird das Göttliche in den oben übersetzten Versen beschrieben?

  7. Welchen Namen hat Gott?

  8. Welchen Sinn haben die Gesänge bei den Sikhs?

  9. Was bedeutet Langar?

B) Der Kreislauf des Lebens und Universums

Im Guru Granth Sahib finden sich keine geschichtlichen Erzählungen. Der Schwerpunkt liegt auf zeitlose Weisheiten über die Seele und ihre Verbindung zum Ursprung allen Lebens. Mit Seele (Jot, Atma) ist die Kraft bzw. Energie gemeint, die alles zum Leben erweckt. Es wird dabei nicht darüber spekuliert, wann genau die Erde oder das Universum entstanden sind. Denn dies ist Aufgabe von Wissenschaftlern. Die Weisen schauen auf die großen Zusammenhänge des Lebens und unsere Verbindung zum Universum. Sie beschreiben, dass all das, was existiert, aus einer unbeschreiblichen Lichtquelle entstanden ist und sich fortwährend bewegt, entwickelt und ausdehnt und irgendwann in sich zusammenfallen wird. Dieser Zustand wird als der Schlaf des Universums beschrieben (Sun Samadh). Dann beginnt nach einem erneuten Urknall alles wieder von vorne. Ähnliche Beschreibungen finden sich in der Wissenschaft in der Urknall-Theorie (Big Bang).

ਅਰਬਦ ਨਰਬਦ ਧੁੰਧੂਕਾਰਾ ॥ ਧਰਣਿ ਨ ਗਗਨਾ ਹੁਕਮੁ ਅਪਾਰਾ ॥ ਨਾ ਦਿਨੁ ਰੈਨਿ ਨ ਚੰਦੁ ਨ ਸੂਰਜੁ ਸੁੰਨ ਸਮਾਧਿ ਲਗਾਇਦਾ ॥੧॥ GGS, 1035, M.1

ਕਈ ਬਾਰ ਪਸਰਿਓ ਪਾਸਾਰ ॥ ਸਦਾ ਸਦਾ ਇਕੁ ਏਕੰਕਾਰ ॥ ਕਈ ਕੋਟਿ ਕੀਨੇ ਬਹੁ ਭਾਤਿ ॥ ਪ੍ਰਭ ਤੇ ਹੋਏ ਪ੍ਰਭ ਮਾਹਿ ਸਮਾਤਿ ॥ ਤਾ ਕਾ ਅੰਤੁ ਨ ਜਾਨੈ ਕੋਇ ॥ ਆਪੇ ਆਪਿ ਨਾਨਕ ਪ੍ਰਭੁ ਸੋਇ ॥੭॥ GGS, 276, M.5

ਜੋ ਦੀਸੈ ਸੋ ਸਗਲ ਤੂੰਹੈ ਪਸਰਿਆ ਪਾਸਾਰੁ ॥ ਕਹੁ ਨਾਨਕ ਗੁਰਿ ਭਰਮੁ ਕਾਟਿਆ ਸਗਲ ਬ੍ਰਹਮ ਬੀਚਾਰੁ ॥੪॥੨੫॥੯੫॥ GGS, 276, M.5

Die Erläuterungen der Weisen machen deutlich, dass das Leben als zusammenhängender Kreislauf und nicht linear betrachtet wird. Alles ist demnach miteinander verbunden und all das, was wir äußerlich sehen, ist eine Entsprechung dessen, was sich im Inneren abspielt. So werden alle Formen der Umweltverschmutzung als Ergebnis seelischer Verunreinigung angesehen. Entsprechend betonen die Weisheiten, dass Probleme nur dann wirklich gelöst werden können, wenn ihr seelischer Ursprung erkannt und angegangen wird.

Die Weisen, auf die die Sikhi zurückgeht, schreiben ausführlich über das Geheimnis der Einheit in der Vielfalt und dem ewigen Kreislauf von Erschaffung und Zerstörung. Foto: Unsplash

Ob auf der Erde oder auf dem Mond: Taten zählen und nicht bloße Worte oder das Aussehen

Die Weisen erklären das Leben wie folgt: Wir wurden geboren, um zu heilen. Als wir noch nicht geboren waren, waren wir eine reine Licht- und Energiequelle unter unendlich vielen. Wir standen in harmonischer Verbindung mit allen einzelnen Lichtern der Urquelle allen Lichts; ähnlich einem Tropfen im Ozean. Wir waren Teil einer seelischen Familie, die gemeinsam die Geschicke des Universums leitete (Hukam). Doch als wir uns so mächtig gefühlt haben, dass wir annahmen, wir könnten ohne die anderen Lichter wirken, entfremdeten wir uns von unserer seelischen Familie (Saibhang). Wir verließen unsere Ursprungsfamilie und bekamen nach und nach verschiedene Körper, mit denen wir alle existierenden Lebensformen durchlaufen. Damit wurde uns ermöglicht, zu erleben, wie es ist, von seiner eigentlichen Familie getrennt und den Naturgesetzen unterworfen zu sein. Fortan erfahren wir gegensätzliche Gefühle wie Freude und Leid und wie es sich anfühlt, von der Natur abhängig zu sein. Die letzte Stufe der Heilung erfahren wir als Menschen, da wir in dieser Lebensform unser volles Potenzial entfalten können. Sobald wir nach und nach erkannt haben, dass das Leben hier das Ausland und nicht unsere eigentliche Heimat ist, beginnt die Heilung unserer Überheblichkeit. Dann fangen wir an, uns wie höfliche Gäste auf Mutter Erde zu verhalten, die nach einer gewissen Zeit wieder heimkehren werden. Die Weisen betonen, dass zeitlose Weisheiten die Heilung unterstützen und in allen Lebenslagen und an jedem Ort hilfreich sind. Also auch dann, wenn wir einmal auf einem anderen Planeten leben sollten.

Die Weisen erinnern daran, während der irdischen Reise bewusst auf Eigenarten und Taten zu schauen und sich nicht vom Aussehen oder von bloßen Worten täuschen zu lassen. Denn es ist nicht allzu schwer, schön zu reden oder Kleidung zu tragen, die einen religiös aussehen lässt. Doch ein guter Mensch zu sein, ist nicht ganz so einfach. Entsprechend erachten die Weisen keinen von Menschen erschaffenen Ort als besonders heilig an, der besucht werden kann. Sondern sie erachten das Herz der Menschen, die bescheiden, ehrlich, mutig, geduldig und liebevoll sind als heiligste Stätte an. Solch ein Herz wird Gurduara genannt, das Tor zum Göttlichen. Es lässt sich nicht von Gier, Selbstsucht, Hass, Wut oder Rache leiten. Denn solche Gefühle führen dazu, dass Dinge getan werden, die viel Schaden bringen, zum Beispiel wenn Wut zu Gewalt führt.

Gott ist kein strenger Mann im Himmel

Das Göttliche ist für die Weisen kein strenger Mann mit einem weißen Bart im Himmel, der sauer wird, Rache übt und die Menschen nach dem Tod in eine Hölle schickt, wenn Fehler gemacht wurden. Das Göttliche wird als Quelle bedingungsloser Liebe angesehen, die zugleich Mutter und Vater aller Lebewesen ist. Daher haben Sikhs keine Angst vor dem Göttlichen. Die Weisen schreiben, dass wir im Paradies sind, wenn wir zufrieden und glücklich sind und in der Hölle, wenn wir gerade leiden. Sikhs beten daher nicht, um das Göttliche glücklich zu machen. Sondern sie lesen die Verse der Weisen und beten, um gute Menschen zu werden und Stärke zu finden, wenn sie in einer schwierigen Lage sind. Sikhs wollen auch nicht durch körperliche Handlungen wie Rituale oder Bittgebete weltliche Wünsche erfüllen. Sondern sie beten nur um Erkenntnis, damit sie heilen und zu ihrer eigentlichen seelischen Familie heimkehren können. Daher betonen die Weisen, dass keine Priester benötigt werden. Denn die Menschen können eigenständig in ihren Herzen die Verbindung zum seelischen Ursprung aufbauen, der Licht- und Energiequelle, aus der Alles entstanden ist. Doch der innere Lichtstrahl, der die Menschen mit der unendlichen Lichtquelle verbindet, verblasst mit der Zeit, wenn er nicht regelmäßig mit Weisheit erhellt und gestärkt wird. Und so denken manche Menschen am Ende, dass sie eine Art biologische Roboter seien, ohne Seele und einem tieferen Sinn im Leben. Solche Menschen werden von den Weisen als taub und blind beschrieben.

B) AUFGABEN

  1. Wie wird das Universum in der Sikhi beschrieben?

  2. Welcher Sinn wird im Leben gesehen?

  3. Was ist laut den Weisen der heiligste Ort?

  4. Stehen Taten, Worte oder das Aussehen im Mittelpunkt der Sikhi? Begründe deine Antwort.

  5. Welche Hilfe könnten dir die beschriebenen Weisheiten in deinem Leben leisten?

  6. Welche Rolle spielen Priester und welche Gebete sprechen sie für Sikhs?

  7. Wie können die Weisheiten dabei helfen, die Umwelt respektvoller zu behandeln und zu bewahren?

  8. Wenn du dir bewusst machst, dass wir unabhängig vom Hintergrund Teil einer Menschheitsfamilie sind, was würdest du gerne im Alltag anders machen?

  9. Welchen Unterschied macht es für unser Dasein, ob wir biologische Roboter oder beseelte Wesen sind? Erläutere deine Gedankengänge.

  10. Wer ist gemäß den Weisheiten taub und blind? Erkläre deine Antwort.

C) Geliebt und gefürchtet

Immer mehr Menschen waren berührt von den Worten und Taten der Weisen und begannen Zeit mit ihnen zu verbringen. Bhagat Kabir (1398–1518) war einer der Weisen, der sehr bekannt und eine wichtige Rolle in der Sikhi spielt. Viele seiner Überlieferungen sind im Guru Granth Sahib, dem zentralen Werk für Sikhs, enthalten. Er lebte vor Gur Nanak, der 1469 geboren wurde und 1539 seinen Körper verließ. Gur Nanak nimmt einen herausragenden Platz in der Sikhi ein. Wie auch Bhagat Kabir hinterfragte er bereits als Kind die Dinge, die ihm oberflächlich, überflüssig und unehrlich vorkamen und die dazu führten, dass Menschen sich im Namen der Religion voneinander abgrenzten und in höherwertige und niederwertige aufgeteilt wurden. Gur Nanak brachte nicht nur seinen Vater, Verwandte und Dorfälteste mit seinen Beobachtungen und Fragen zur Weißglut, sondern auch die Hindu-Priester (Pandit). Denn diese verdienten ihr Geld damit, für die Menschen Rituale durchzuführen, Gebete aufzusagen (Mantar), Bittgebete vor Götterstatuen zu sprechen oder die angebliche Zukunft vorauszusagen. Sie fürchteten, dass sie durch das Wirken der Weisen ihren Einfluss auf das Leben der Menschen verlieren würden.

Gur Nanak, Vater von zwei Kindern, reiste viel. Laut Überlieferungen reiste er ins heutige Bangladesh, in den Irak und nach Saudi-Arabien. Er sprach mit Asketen, Gelehrten und Priestern der bestehenden Religionen und brachte diese immer wieder an die Grenzen ihres Wissens und ihrer Einsichten. So wurde er allmählich bekannter und fand in Bhai Laihna einen treuen Gefährten, der den Lebensweg der Sikhi fortsetzte. Doch zuvor begann Gur Nanak die offenbarten Weisheiten über die Seele und das Universum, die bis dahin zumeist nur mündlich weitergegeben wurden, niederzuschreiben. Damit stellte er sicher, dass die Weisheiten für kommende Generationen bewahrt und genutzt werden konnten. Auf ihn folgten neun weitere Weise, die die Schriften bewahrten und erweiterten und den Lebensweg der Sikhi fortführten.

Bewusst überging Gur Nanak seine beiden Söhne Sri Chand und Lakhmi Das bei der Nachfolge. Beide waren egoistisch und ignorierten die Weisheiten. Gleichwohl dachten sie, dass sie automatisch die Nachfolge ihres Vaters antreten und so zu hohem Ansehen kommen und eine Gefolgschaft aufbauen könnten. Ihr Vater betonte, dass Sikhi auf Qualität und Auswahl beruht und nicht auf Abstammung oder der Größe der Anhängerschaft. Auf Bhai Laihna, der nach Gur Nanak die Lebensweise der Sikhi vorlebte und fortan Gur Angad genannt wurde, folgten auch Weise, die körperlich gesehen noch Kinder waren, als sie bereits erleuchtet waren. Dazu zählen Gur Har Rai (1630-1661), Gur Har Krishan (1656-1664) und Gur Gobind Singh. Sie waren bereits im jungen Alter so weise, tugendhaft und charismatisch, dass sie eine natürliche Autorität besaßen. So waren dann auch Ältere fasziniert von ihnen und bereit von ihnen zu lernen. Dadurch wurde mit einer weiteren verbreiteten Auffassung gebrochen. Üblicherweise dachten die Menschen, dass körperlich ältere Menschen automatisch alles besser wissen und mehr Respekt genießen sollten als Jüngere. Doch die Weisen betonten, dass dort, wo die Weisheit des Gesagten im Vordergrund steht und nicht die Sprechenden oder gar ihre Herkunft oder ihr Alter, körperlich junge und alte Menschen gleichermaßen respektvoll voneinander lernen und näher zusammenwachsen können.

ਗੁਰਮੁਖਿ ਬੁਢੇ ਕਦੇ ਨਾਹੀ ਜਿਨੑਾ ਅੰਤਰਿ ਸੁਰਤਿ ਗਿਆਨੁ ॥ GGS, 1418, M.3

Die Menschen, die durch die Weisen berührt waren, überwanden alte Denkweisen und Gewohnheiten, die sie seit Kindheit von ihren Eltern und ihrem Umfeld angenommen hatten. Sie hatten den Mut, das hinter sich zu lassen, was ihnen nicht wirklich dazu verhalf, ein friedliches und gesundes Leben zu führen. Trotz ihrer Beliebtheit blieben die Weisen selbst bescheiden und betonten, dass sie nicht verehrt werden sollten. Daher bezeichneten sie sich selbst auch nicht als Gurus, Heilige oder Weise, sondern als demütige und fehlbare Diener (Das, Jan, Garib), die die Weisheiten (Gur) des einen Guru, dem Erschaffer allen Seins, mit den Menschen teilten. In den Schriften der Weisen wird daher poetisch zwischen Gur (Botschafter, Weisheit) und Guru (Erleuchter) unterschieden.

ਭੁਲਣ ਅੰਦਰਿ ਸਭੁ ਕੋ ਅਭੁਲੁ ਗੁਰੂ ਕਰਤਾਰੁ ॥ GGS, 60, M.1

ਜਿਸੁ ਘਰਿ ਵਿਰਤੀ ਸੋਈ ਜਾਣੈ ਜਗਤ ਗੁਰ ਨਾਨਕ ਪੂਛਿ ਕਰਹੁ ਬੀਚਾਰਾ ॥ GGS, 733, M.4

ਗੁਰਿ ਕਹਿਆ ਸਾ ਕਾਰ ਕਮਾਵਹੁ ॥ ਗੁਰ ਕੀ ਕਰਣੀ ਕਾਹੇ ਧਾਵਹੁ ॥ GGS, 929, M.1

ਤੇਰਾ ਕਵਣੁ ਗੁਰੂ ਜਿਸ ਕਾ ਤੂ ਚੇਲਾ ॥ ... ਸਬਦੁ ਗੁਰੂ ਸੁਰਤਿ ਧੁਨਿ ਚੇਲਾ ॥ GGS, 942, M.1

ਗੁਰ ਨਾਨਕ ਅੰਗਦ ਅਮਰ ਲਾਗਿ ਉਤਮ ਪਦੁ ਪਾਯਉ ॥ ਗੁਰੁ ਅਰਜੁਨੁ ਘਰਿ ਗੁਰ ਰਾਮਦਾਸ ਭਗਤ ਉਤਰਿ ਆਯਉ ॥੧॥ GGS, 1406, Bhatt Kal

Andere jedoch, darunter damalige muslimische und hinduistische Herrscher und Fürsten und Priester, fanden die Weisen gefährlich. Denn die Weisen halfen den Menschen zu erkennen, dass kein Mensch höher steht als andere und das niemand das Recht hat, Macht über andere auszuüben. Sie erklärten, dass kein König oder Priester mehr Wert sei als andere Menschen, niemand unterdrückt oder gar ausgenutzt werden dürfte. Sie betonten die Gleichwürdigkeit aller und das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung. So begann eine Leidensgeschichte für die Sikhs. Sie wurden zunehmend bedroht und schließlich sogar verfolgt und per Kopfgeld gesucht. Zwei der Weisen, Gur Arjan und Gur Teg Bahadar, und die vier Kinder des zehnten Weisen Gur Gobind Singh wurden hingerichtet, weil sie nicht bereit waren, sich von ihrem spirituell orientierten Lebensweg loszusagen.

C) AUFGABEN

  1. Warum wurden die ursprünglich mündlich überlieferten Weisheiten aufgeschrieben?

  2. Warum ist es wichtig, zwischen der Botschaft und dem Botschafter zu unterscheiden?

  3. Von wem und warum wurden die Weisen der Sikhi bewundert?

  4. Von wem und warum wurden die Weisen der Sikhi gefürchtet?

  5. Welche Folgen hatte die Unterdrückung der Sikhs und welche Auswirkungen sind bis heute spürbar?

D) Der letzte aus der Reihe der zehn Weisen: Gur Gobind Singh

Gur Gobind Singh, der 1666 geboren wurde, war ein Ehemann und Vater. Er verfügte über viele Fähigkeiten. Er war nicht nur weise, sondern ein inspirierender Redner, ein begnadeter Dichter, ein bewunderter Verteidigungskünstler und Militärgeneral. Er und seine Mitstreitenden musste aufgrund wiederholter Angriffe viele Verteidigungskriege führen. Dennoch gelang es Gur Gobind Singh, alle Schriften der vorangegangenen Weisen zusammen zu stellen und in einem Gesamtwerk zu vereinen, dass heute als Guru Granth Sahib bekannt ist. Zudem hinterließ er eine ähnlich große Schriftensammlung, den Dasam Granth, der seine eigenen Dichtungen sowie seelische Erklärungen altindischer Mythen enthält.

Khalsa: Die Gemeinschaft der Reinen

1699 schuf Gur Gobind Singh den Orden der Reinen, der Khalsa genannt wird. Während des Erntedankzeit Vaisakhi rief er eine öffentliche Versammlung in Anandpur Sahib, im Panjab im heutigen Nord-Indien ein. Er bat um Freiwillige, die bereit wären, furcht- und selbstlos ihr Leben dem Wohle der Menschheit zu widmen. Letztlich traten fünf Sikhs aus der Menge hervor. Diese fünf Sikhs gingen in die Geschichte der Sikhi ein. Sie werden die Fünf Geliebten genannt (Panj Piare). Sie repräsentieren bis heute das Prinzip, dass die Charaktereigenschaften einen für zentrale Aufgaben in der Sikhi befähigen und nicht eine Wahl, die auf Mehrheiten beruht. Nach der Aufnahmefeier in den Orden bekamen alle fünf die Nachnamen Singh. Anschließend ließ sich Gur Gobind Singh selbst demütig von den Fünf Geliebten in den Khalsa aufnehmen und nannte sich nicht mehr Gobind Rai, sondern Gobind Singh. Seither werden Sikhs, die so viel Weisheit und Mut in sich tragen, dass sie als Vorbilder dienen, durch die Aufnahmefeier (Khande Di Pahul) in den Orden des Khalsa aufgenommen.

1708 wurde Gur Gobind Singh beim Ausruhen im Auftrag der damaligen Herrscher angegriffen und schwer verletzt. Er erlag seinen Verletzungen und verließ seinen Körper wie zuvor bereits seine vier Söhne (bekannt als die Char Sahibzade) und unzählige mutige Sikhs, die in Verteidigungsschlachten und durch Hinrichtungen ihr Leben gaben. Bis heute inspirieren ihren Heldendaten Sikhs zu Hingabe und Mut.

D) AUFGABEN

  1. Welche Rolle spielt Gur Gobind Singh in der Sikhi?

  2. Welche Gemeinschaft hat er gegründet? Welchen Sinn hat sie und wie kann sie im heutigen Leben wirken?

  3. Warum wurde der Name “Fünf Geliebte” gewählt?

E) Trotz jahrhundertelanger Verfolgung: Heute leben Sikhs in allen Ländern der Welt

Trotz der erlebten Verfolgung, Gewalt und Kolonisierung durch die Mächtigen im Verlaufe der Geschichte, darunter Hindus, Muslime und die Briten, überlebten die Sikhs, die überlieferten Weisheiten und Traditionen der Sikhi. Heute sehen sich 25 Millionen Menschen auf der Welt der Sikhi angehörig. Die Mehrheit der Sikhs lebt dort, wo die Religion entstanden ist, im Panjab, in Nord-Indien. Inzwischen haben sich größere Gemeinschaften der Sikhs unter anderem in Großbritannien, Kanada, USA und Australien gebildet. Es gibt zahlreiche Sikhs, die Präsidenten bzw. Minister und erfolgreiche Sportler waren. In Deutschland, Österreich und der Schweiz leben etwa 35.000 Sikhs. Sie sind vor allem seit den 1980ern zugezogen, weil sie in Indien als religiöse Minderheit Diskriminierung und Gewalt erlebten.

Überall auf der Welt tragen Sikhs heute zu einem guten Miteinander bei. Dabei trotzen sie Mobbing, Beleidigungen und Benachteiligungen, die sie immer wieder im Alltag, in Bildungsstätten, bei der Arbeits- und Wohnungssuche aufgrund ihres Erscheinungsbildes erfahren. Sikhs sind heute in allen Bereichen der Gesellschaft beruflich tätig und bringen sich auf vielfältige Weise ehrenamtlich ein. Nach Jahrhunderten der Entfremdung von ihrer ursprünglichen Lebensweise besinnen sie sich nach und nach auch wieder mehr auf die ihnen überlieferten Weisheiten und Traditionen.

In den meisten Ländern der Welt haben sich Sikh-Gemeinden etabliert und werden durch ehrenamtliche Unterstützung betrieben. Hier helfen Sikh-Kinder beim Verteilen kostenloser Speisen in einer deutschen Gemeinde. Das gemeinsame Mahl betont die Gleichwürdigkeit aller Menschen. Alle Menschen, unabhängig vom Hintergrund, sind in den Gemeinden willkommen und sitzen beieinander, um die sorgsam und liebevoll zubereiteten Speisen zu sich zu nehmen. Insbesondere erhalten auch Bedürftige wie Flüchtlinge und Obdachlose kostenloses Essen. Bild: Ferhat Bouda

E) AUFGABEN

  1. Wo leben die meisten Sikhs heute und wie viele im deutschsprachigen Raum?

  2. Erläutere, vor welchen Herausforderungen Sikhs heute gestellt sind bzw. sein können.

  3. Versetzte dich in die Lage von Sikhs und anderer Menschen, die ausgegrenzt, beleidigt oder gemobbt werden und erläutere, welche Gefühle sich dabei bei den Betroffenen einstellen können. Was kann mit Menschen passieren, die über Generationen hinweg Leid erfahren?

  4. Was denkst du, würden die Weisen dir heute raten, wenn du ausgegrenzt, beleidigt oder gemobbt wirst?

  5. Überlege, warum es immer wieder vorkommt, dass Kinder und Jugendliche gemobbt werden und erläutere drei Ideen, die helfen könnten, dass es zu weniger Mobbing kommt.

  6. Warum gibt es in den Gemeinden der Sikhs kostenfreies Essen?

F) Die Besonderheiten der Sikhi

Wenn wir genauer hinschauen, finden wir letztlich in der Sikhi viele Besonderheiten, die die Einzigartigkeit dieser Lebensweise ausmachen, darunter

  • eine eigne Schriftsprache (Gurmukhi).

  • eine eigene Poesie (Gurbani), die in den überlieferten Weisheiten verwendet wird.

  • eine eigene Musikrichtung (Gurbani Sangeet).

  • eine eigene Verteidigungskunst (Shastar Vidya, Gatka).

  • kostenfreies Essen für Bedürftige. Sikhs bieten an öffentlichen Plätzen und in ihren Gemeinden Speisen für alle Besuchenden und Bedürftige an und verteilen diese in Notsituationen. So unterstützen Sikhs weltweit Opfer von Hungersnöten, Naturkatastrophen und Pandemien.

  • gemeinsame Nachnamen. Als Zeichen von Geschwisterlichkeit tragen weibliche Sikhs den Nachnamen Kaur (Prinzessin) und männliche Sikhs den gemeinsamen Nachnamen Singh (Löwe).

  • ein besonderes Erscheinungsbild. Sikhs bewahren ihr Haar ungeschnitten und vor allem männliche Sikhs bedecken es üblicherweise mit einem Turban (Dastar). Damit drücken sie Natürlichkeit, Würde und Liebe zur Schöpfung und der Natur aus. Kleine Sikh-Jungen verwenden ein Stofftuch (Rumal oder Patka), um das in der Kopfmitte zu einem Dutt zusammengebundene Haar zu bedecken. Die Kopfbedeckung wird täglich neu gebunden. Später, wenn Sikhs älter werden, tragen sie einen Turban. Er sieht nicht nur kunstvoll aus, sondern bietet Schutz vor Hitze, Kälte und Kopfverletzungen.

  • einen Orden, in dem vorbildliche Sikhs aufgenommen werden. Diese Gemeinschaft wird Khalsa (Reinen) genannt. Die Schriften von Gur Gobind Singh sind von besonderer Bedeutung bei der Aufnahmefeier und für diese Gemeinschaft. Spätestens jetzt tragen alle, die ihr angehören, gemeinsame Nachnamen, Männer Singh und Frauen Kaur. Zudem erkennt man Sikhs dieser Gemeinschaft an fünf einheitlichen Merkmalen, den Panj Kakar. Diese umfassen:

  1. ungeschnittene und bedeckte Haare - stehen für Natürlichkeit und Hingabe und die Kopfbedeckung für Würde und Tugendhaftigkeit (Keski, Kes)

  2. Holzkamm - steht für Reinheit; damit werden die Haare täglich gekämmt (Khanga)

  3. eiserner Armreif - steht für Mut und Heldentum; mehrere Armreifen zusammen wurden bei Verteidigungsschlachten getragen, um sich vor Schwerthieben und Angriffen zu schützen (Karha)

  4. Baumwollshorts - stehen für charakterliche Stärke und Verantwortung; sie bedecken den Unterkörper und sind bequem (Kashaira)

  5. kleines Schwert - steht für die Gnade der Weisheit, die das Schlechte beseitigt und das Gute bewahrt (Gian Khadag); Schwerter wurden vor allem seit dem sechsten Weisen Gur Hargobind zur Selbstverteidigung getragen, nachdem Sikhs immer öfter verfolgt und angegriffen wurden (Kirpan)

F) AUFGABEN

  1. Welchen Sinn haben die gemeinsamen Nachnamen?

  2. Benenne fünf Besonderheiten der Sikhi und ihren jeweiligen Sinn, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind.  Beziehe dich hierbei vornehmlich nicht auf Äußerlichkeiten.

  3. Begründe, was dir bei der Erarbeitung des Textes zur Sikhi schwergefallen und fremd geblieben ist.

  4. Erläutere, welche Erkenntnisse dich bei der Erarbeitung des Textes zur Sikhi besonders angesprochen haben und begründe, inwiefern diese für dein Leben eine Bedeutung haben könnten.

  5. Stelle Überlegungen darüber an, welche Auswirkungen sich für den Umgang mit der Natur, den Tieren und dem Zusammenleben der Menschen untereinander ergeben würden, wenn sich mehr Menschen für ein Leben gemäß den beschriebenen Weisheiten der Gurmat entscheiden würden.